Mythos Wasserstoff

Zwar ist (noch) genug Wasser vorhanden, das bedeutet aber noch lange nicht, dass es auch Wasserstoff gibt. (Foto: Sto)

Wasserstoff wird als ein großer Zukunftsträger in Sachen umweltfreundliche Energien gehandelt. Aber was ist dran? Und ist Wasserstoff gleich Wasserstoff?
(veröffentlicht 31. Januar 2023, aktualisiert 3. August 2023)

Was ist Wasserstoff überhaupt?

Wasserstoff (H) ist ein chemisches Element, das natürlich in der Umwelt vorkommt, beispielsweise in Kombination mit Sauerstoff als Wasser (H2O). Bei Normaltemperatur ist Wasserstoff gasförmig sowie geruchs- und farblos.

Neben dem natürlichen Vorkommen kann Wasserstoff auch manuell hergestellt werden, etwa durch eine sogenannte Elektrolyse von Wasser. Dabei wird Wasser mithilfe von Strom in seine Einzelteile zerlegt – Wasserstoff und Sauerstoff. Werden erneuerbare Energien für die Elektrolyse verwendet, ist der Vorgang nahezu emissionsfrei.

Ist Wasserstoff gleich Wasserstoff?

Ein klares Nein. Es gibt unterschiedliche Arten von Wasserstoff, die sich vor allem in der Herstellung unterscheiden:

Grüner Wasserstoff wird durch die oben beschriebene Elektrolyse hergestellt und ist – wie der Name bereits vermuten lässt – klimaneutral, da nur erneuerbare Energien zum Einsatz kommen.

Türkiser Wasserstoff wird durch die sogenannte „Methanpyrolyse“ hergestellt, die Methan thermisch spaltet. Neben Wasserstoff entsteht hierbei ein fester Kohlenstoff, der dauerhaft gebunden werden muss, damit das Verfahren klimaneutral sein kann. Wie beim grünen Wasserstoff auch, müssen für die Klimaneutralität zudem erneuerbare Energien zur Spaltung des Methans verwendet werden.

Grauer Wasserstoff wird aus einem fossilen Brennstoff wie Erdgas herstellt, das unter Hitzeeinsatz in CO2 und Wasserstoff umgewandelt wird. Hierbei wird CO2 frei und gelangt in die Atmosphäre – dieser Wasserstoff ist also alles andere als gut für die Umwelt.

Blauer Wasserstoff ähnelt dem grauen, jedoch wird hier das freigesetzte CO2 gespeichert. Dadurch fallen die direkten Emissionen weg, allerdings muss eine dauerhafte Speicherung des CO2 sichergestellt werden.

Warum gilt Wasserstoff als Zukunftsträger?

(Grüner) Wasserstoff hat einige Vorteile, die ihn zum Hoffnungsträger für eine klimaneutrale Zukunft machen. Zum einen ist er flexibel einsetzbar und leicht zu transportieren. Ebenso hat er im Gegensatz zu anderen Energieträgern eine hohe Energiedichte und –Effizienz. Um Wasserstoff zu speichern und zu transportieren, muss zudem keine neue Infrastruktur gebaut werden, denn Gasspeicher und –Leitungen können ohne Probleme für Wasserstoff verwendet werden. Außerdem könnten bestehende Gaskraftwerke in kürzester Zeit hochgefahren und mit gespeichertem Wasserstoff Strom liefern, wenn andere Erneuerbare zu wenig Strom produzieren.

Wo kann Wasserstoff eingesetzt werden?

Auch hier zeigt sich ein sehr breites Spektrum. Angefangen bei der Industrie, wo etwa in der Stahlproduktion oder der Chemieindustrie Verwendung gefunden wird, über Kraftwerke, für die Wasserstoff als Kühlmittel eingesetzt werde kann, bis hin zur Gebäudetechnik. Ebenso, und vermutlich am Interessantesten für viele Endkundinnen und -Kunden, kann Wasserstoff als klimafreundlicher Kraftstoff verwendet werden, sowohl in Brennstoffzellen-Autos als auch im Zugverkehr.

Wo liegt der Haken?

Deutschland ist noch nicht in der Lage, großflächig ausreichend grünen Wasserstoff zu produzieren, da die Abdeckung mit erneuerbaren Energien nicht ausreicht – der Wasserstoff muss also importiert werden. Das führt auch dazu, dass es wenig Planungssicherheit gibt und Investitionen zurückhält. Zudem ist der Bedarf an Wasserstoff, wenn man Industrie, Verkehr und Wärme umstellen würde, enorm hoch. Ebenso sind die Kosten für die Wasserstoffproduktion noch immer hoch und auch die Komprimierung von Wasserstoff, um ihn besser lagern zu können, ist noch sehr aufwändig – hier müsste sich also noch einiges tun, bevor die Technologie massentauglich wird.

Betrachtet man den Verkehrssektor, fehlt bislang außerdem eine flächendeckende Tankstellen-Infrastruktur. Nicht zu vergessen ist auch: Wasserstoff ist leicht entzündlich.

Ein Beispiel: Namibia

Die fehlende Kapazität der Wasserstoffproduktion hier vor Ort könnte durch Länder wie Namibia wettgemacht werden. Das Land hat sein Potenzial erkannt und möchte zum Weltmarktführer bei grünem Wasserstoff werden. Mit seinen 300 Sonnentagen im Jahr bietet sich Namibia zum einen bestens für Solarenergie an, zum anderen mit etwa 3.000 km Küste ebenso gut für Windkraftanlagen. Genug klimaneutraler Strom also, um großflächig grünen Wasserstoff zu produzieren. Im Dezember reiste Wirtschaftsminister Habeck in das südafrikanische Land und kam mit einer Absichtserklärung und einem happigen Investitionsvorhaben zurück. Langfristig könnten Staaten wie Namibia also auch für Deutschland eine Lösung bieten. Jetzt plant das namibische Örtchen Lüderitz eine der weltweit größten Anlagen für grünen Wasserstoff.

Ein Beispiel: Hannover

Das Heizkraftwerk Linden in Hannover soll bis 2035 auf grünen Wasserstoff umgerüstet werden; enercity hat das Kraftwerk zur Nationalen Wasserstoffstrategie angemeldet. Versorgt wird das Kraftwerk über Wilhelmshaven, wo eine Norwegen-Pipeline mit Wasserstoff anlandet. Außerdem soll der dortige LNG-Terminal später auf Wasserstoff umgerüstet werden.

Das Fazit

Wasserstoff hat sicherlich viel Potenzial, um uns in Zukunft mit klimafreundlicher Energie zu versorgen. Dafür muss allerdings sichergestellt werden, dass die Energie, die für die Herstellung verwendet wird, ebenfalls klimaneutral ist. Es muss sich also noch einiges tun, bis Wasserstoff alltagstauglich wird. Dennoch: Die Bundesregierung fördert den Einsatz und unterstützt Initiativen, die den grundlegenden Fragen zur Erzeugung, Speicherung, Transport und Einsatz nachgehen. Wir sind also gespannt, was uns in den kommenden Jahren erwartet. Wer allerdings glaubt, dass Privathäuser in absehbarer Zeit mit Wasserstoff heizen oder Autos in großem Stil damit fahren, der wird enttäuscht sein. Die Mengen, die wir in den nächsten Jahren voraussichtlich haben werden, brauchen wir für Stahlwerke, Eisenbahnen und schwere Nutzfahrzeuge und LKWs, die nicht mit Strom fahren können.

Weiterlesen können Sie unter anderem hier:

Themenseite der Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/breg-de/
Artikel der DW: https://www.dw.com/de/ist-wasserstoff
Wasserstoffherstellung einfach erklärt: https://www.bdew.de/energie/wasserstoff/

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