Innenstädte in Zeiten von Corona Teil 2: Göttingen

Wenigstens die Frühlingssonne lockte Anfang März einige wenige Besucher in das Herz von Göttingen.

Die wunderschöne Innenstadt von Göttingen mit ihrem alten Fachwerk bleibt so wenig von den Auswirkungen der Corona-Pandemie verschont, wie all die anderen Innenstädte Deutschlands. Viele Läden stehen leer, Nachmieter finden sich keine. Teil 2 unserer Reihe berichtet über Göttingen, die einst blühende Studentenstadt Südniedersachsens und Zeuge von Verfall, Wandel, aber auch den kleinen Zeichen der Hoffnung.

Leere Läden auch in Göttingen?

Nur noch das Schild erinnert noch an das kleine Café, welches sich hier vormals in der Göttinger Innenstadt befand.

Verrammelte Ladenschaufenster, leere Auslagen und wenig Besucher: So sieht momentan die Innenstadt der einst so lebendigen Studentenstadt Göttingen aus. Lässt man den Blick durch die wunderschöne Innenstadt – gesäumt von alten Fachwerkhäusern – schweifen, fällt auf, dass Corona auch hier seine Spuren hinterlassen hat: Wenige Besucher, geschlossene Geschäfte, gesenkte Köpfe mit Gesichtern, die hinter Masken verborgen sind. 

Schon im Oktober letzten Jahres berichteten wir auf unserem Blog über die Perspektiven der Innenstädte und wie diese für eine lebendige Zukunft umgestaltet werden müssen. Dort wurde prognostiziert, dass Corona wie ein Brandbeschleuniger des bis dahin langsam voranschreitenden Sterbens der Innenstädte wirken würde.

Diese Prophezeiung hat sich zumindest für Göttingen erfüllt: Momentan kommt man an mehr als sechs verrammelten Ladenzeilen alleine auf der Hauptader der Göttinger Einkaufsmeile entlang – viele mehr warten in den kleinen Seitenstraßen. Nachmieter haben sich bis heute keine gefunden, wie die Schilder „Zu Vermieten“ in den leeren Schaufenstern bezeugen. Der Dekoladen „Tiger“ ist zum Beispiel verschwunden, genauso wie unzählige kleine Cafés und Eisdielen. Selbst die Sparkasse Göttingen verlegte kürzlich den Sitz ihrer Hauptfiliale in ein kleineres Gebäude am Rand der Innenstadt. Ein trostloses Bild.

Auch die Studenten sind verschwunden

Doch nicht nur die leeren und geschlossenen Läden zeichnen ein ungewisses Bild der Zukunft – auch die Studenten fehlen momentan fast völlig im Stadtbild. Die Georg-August-Universität Göttingen ist schon seit mehr als 100 Jahren das schlagende Herz der Stadt: Im Jahr 2019 waren sage und schreibe 30.820 Studenten vollimmatrikuliert, das heißt, fast 26 Prozent der insgesamt 118.911 Einwohner (Stand 2019) von Göttingen studieren an der Universität. Statistisch gesehen ist also jeder Vierte, der einem in der Innenstadt über den Weg läuft, ein Student. 

Die genauen Gründe für das Verschwinden sind vielfältig, fielen aber alle mit dem sich ausbreitenden Coronavirus zusammen. Viele traten die Flucht zu ihren Familien an, entweder weil das WLAN ständig ausfiel oder die erdrückende Einsamkeit doch irgendwann zu viel wurde. Manch einer ertrug aber auch einfach die endlose Abfolge an Online-Vorlesungen und Seminaren nicht mehr und legte ein Urlaubssemester ein. Anderen ging das Geld von heute auf morgen aus – viele Nebenjobs in Gastronomie und Einzelhandel können bis heute nicht ausgeübt werden.

Mit den Kontaktbeschränkungen fiel auch das gesellige Beeinandersein weg: Wo letztes Jahr noch fröhlich ganze Rudel junger Menschen durch die Straßen zogen, ist jetzt eine gespenstische Leere eingezogen. Am Wilhelmsplatz in der Innenstadt, von den meisten nur liebevoll „Willy“ genannt, tummelten sich abends normalerweise immer kleine Grüppchen, die sich auf die Wiesen und Bänke setzten, gemeinsam ein Bierchen tranken und gesellige Spiele spielten. Schon eine Querstraße weiter konnte man das Stimmengewirr von weitem hören. Aber seit einem Jahr ist nur noch die Kehrmaschine zu hören, die hier morgens ihre Runden dreht.

Kleine Zeichen der Hoffnung

Für das Café am Gänseliesl hat sich nun doch schon ein Nachmieter gefunden: „onkel gino“ wird dort seine Türen für Kaffespezialitäten aller Art öffnen.

Es blutet einem schon ein wenig das Herz, Göttingen so zu sehen. Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung: Flaniert mit man mit einem offenen Blick durch die Innenstadt, wird man zum Beispiel Zeuge davon, wie aus einem kleinen Fenster eines Cafés am Beginn der Innenstadt ein Becher Kaffee durch das Fenster gereicht wird. Und im Nikolaikirchhof sitzen seit Anfang März wieder Besucher des kleinen „Café Birds“ mit Tabletten voll Kaffee und Kuchen auf den Stufen der Kirche in der Sonne. Selbst für das ehemalige Café am Gänseliesl hat sich nun doch ein Nachmieter gefunden: Bunte Schrift auf Plakaten kündigt das Café „Onkel Gino“ an.

Einer Sache können wir uns alle sicher sein: Das Leben wird mit dem Ende der Pandemie zurückkehren, auch die Studenten werden zurückkommen. Dass sich das Bild der Göttinger Innenstadt trotzdem wandeln wird (und wandeln muss), ist unvermeidlich. Die leerstehenden Läden werden nicht von heute auf morgen verschwinden. Aber dafür bieten sie Raum dafür, neue Konzepte für die Innenstadt von morgen zu entwickeln – als Begegnungsort und zur Freizeitgestaltung.

Anna Spielvogel

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