Im Mittelstand tut sich was

Während lange Zeit nur Forscher, Berater und Journalisten über die demografischen  Veränderungen im Arbeitsmarkt diskutierten, sind diese für den Mittelstand mittlerweile zu einer ernsten Herausforderung geworden. Drei Hebel setzen Geschäftsführer und Personalverantwortliche an: Erstens als Arbeitgeber sich dort attraktiv aufzustellen, wo die potenziellen Mitarbeiter unterwegs sind. Zweitens die Führungskräfte schulen, um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden. Und drittens die interne Kommunikation der heutigen Zeit anzupassen.

In den letzten Wochen war ich für einen Kunden in Niedersachsen unterwegs und habe Geschäftsführer und Personalverantwortliche von mittelständischen Unternehmen interviewt. Es ging unter anderem um die Themen Recruiting, Aus- und Weiterbildung und Inklusion.  Die Ergebnisse waren erstaunlich deckungsgleich: Es hapert meistens an der Kommunikation.

Früher war es besser

Diese Plattitüde gilt zumindest wohl im Bereich des Recruitings. Es ist heute schwieriger im Unternehmen Nachwuchs zu bekommen. Es gibt weniger Bewerber und weniger gut qualifizierte Bewerber . Besonders  in der Fläche ist es schwer, Bewerber für ein Unternehmen etwa in Northeim oder Hann. Münden zu interessieren. Da wird schon mal Auszubildenden als Anreiz ein Smartphone oder gar ein Smart geschenkt.  Allgemein wird Employer Branding immer wichtiger, das heißt das Unternehmen muss sich gerade der jüngeren Generation als interessante Arbeitgeber-Marke präsentieren: im Internet, in Social Media oder Ausbildungsmessen und Kongressen. Aber auch mal ganz unkonventionell denken kann helfen. Die Personalchefin eines Chemieunternehmens aus  dem Raum Lingen erzählt: „Die jungen Leute lesen heute kaum noch Stellenanzeigen in Zeitungen, deshalb müssen wir sie dort treffen, wo sie unterwegs sind, und wenn es auf Ebay ist!“ Tatsächlich hat das Unternehmen auf Ebay Ausbildungsplätze angeboten und interessante Bewerbungen bekommen.

Die Ansprüche an Führung steigen

Es gibt aber auch noch ein anderes Problem. Die Geschäftsführerin eines Zulieferers für die Möbelindustrie aus der Heide klagt: „Die jungen Leute von heute, die aus einer Ausbildung kommen und merken, was der Markt hergeben kann, sind schwerer an ein Unternehmen zu binden. Sie haben relativ hohe Ansprüche; werfen aber auch schnell die Flinte ins Korn, wenn es nicht so läuft, wie sie es sich vorstellen. Die Ansprüche an die Vorgesetzten und das Unternehmen sind hoch.“

Kommunikation ist gefragt

Gleichzeitig sind die Führungskräfte vieler Unternehmen den Ansprüchen ihrer Mitarbeiter aber nicht mehr gewachsen. Die Leiterin der Personalabteilung einer Weinkellerei aus dem Vorharz bringt es auf den Punkt. Dort gab es einen starken strukturellen Wandel im Personal, viele junge Leute sind dazu gekommen, die Führungskräfte aber sind meist um die 50 und entstammen einer anderen Führungsgeneration. „Früher wurde man Führungskraft aufgrund des Fachwissens, Sozialkompetenz war nicht gefragt, es wurde angeordnet: Punkt. Heute stehen die jungen Leute nicht einfach dumpf an der Abfüllung und machen ihre Arbeit, die wollen wissen warum sie etwas machen müssen. Kommunikation ist gefragt, Führungskräfte müssen erklären lernen.“

In dem Unternehmen wurde eine Kaskadeninformation eingeführt, es ist genau geregelt, wann welche Abteilungsbesprechungen stattfinden müssen, damit die Informationen von der Geschäftsführung über die Führungskräfte an die Mitarbeiter gehen können. Dazu wurde ein Kommunikationskonzept erstellt und Mitarbeiterworkshops und Führungskräfteschulungen durchgeführt. Die Personalchefin ist zufrieden: „Das Marketing muss auch die Leute am Band darüber informieren, dass demnächst ein eckiges Etikett kommt, schließlich werden die Kollegen das Etikett ja aufkleben. Und die Führungskräfte müssen ihren Mitarbeitern nicht nur sagen, dass heute länger gearbeitet werden muss, sondern erklären, dass gerade ein guter Auftrag reingekommen ist, der wichtig für das Unternehmen ist, aber schnell abgearbeitet werden muss. Wenn das so von den Führungskräften erklärt wird, dann ziehen die Leute viel eher mit.“

Mitarbeiter-Kommunikation setzt hier an

In unserer Agentur haben wir diese Erfahrungen übrigens auch gemacht.  Auf fast exakt das gleiche Problem stießen wir bei einem Unternehmen aus der Energiebranche in der Südheide. Die sinnvollen Schritte zur Einführung einer Kaskadenkommunikation skizzierten wir mit individuellen Vorschlägen für dieses Unternehmen.

Die Kaskade ist aber kein Allheilmittel, man muss sich das Unternehmen schon genau anschauen. Bei einem technisch orientierten Betrieb aus dem Speckgürtel Hannovers will der Vorstand direkt mit seinen Mitarbeitern kommunizieren, weil die Führungskräfte gute Spezialisten aber weniger gute Kommunikatoren sind. Für diesen Kunden haben wir einen schnellen Newsletter entwickelt, der mit einer Fragen-und-Antworten-Plattform im Intranet gekoppelt ist – Kommunikation von der Flanke.

Und bei Geschäftsleitungs-Coachings und Strategie-Workshops ist neben den fachlichen Fragen rund um Industrie 4.0, smarte Produktentwicklung und der Erschließung neuer Märkte die Kommunikation mit Mitarbeitern und potenziellen Bewerbern stets ein wichtiger Punkt. Denn ohne eine gut geplante Kommunikation, sind die notwendigen Veränderungen heute nicht mehr möglich.

Aber zurück zu unseren Interviews: Überaus erfreulich ist, dass alle Unternehmen sich mit dem Thema „Inklusion“ beschäftigen. Einige haben schon Mitarbeiter mit Handicap eingestellt und gute Erfahrungen gemacht, viele  denken darüber nach und andere sind sogar schon in konkreten Beratungen mit IHK, Unternehmerverband und Bildungsträgern.

Doch das ist nochmal eine andere Geschichte…

Thorsten Windus-Dörr

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